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Die Risiken einer Ecowas-Intervention im Niger


Treffen der Staatsoberhäupter der Ecowas-Statten in Abuja, Nigeria

Die Staatsoberhäupter der Ecowas-Staaten haben der Militärjunta im Niger mit Sanktionen und Gewalt gedroht. Ein Ultimatum an die Junta läuft am Sonntag aus.

Quelle: dpa


Gut eine Woche nach dem Putsch im Niger steht ein militärisches Eingreifen der westafrikanischen Staatengemeinschaft Ecowas im Raum. Ein Ultimatum der Gruppe an die Militärjunta im Niger zu einer Rückkehr zu einer demokratisch legitimierten Regierung läuft am Wochenende aus.

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Wer ist Ecowas eigentlich?

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Der Ecowas gehören insgesamt 15 westafrikanische Länder an, wobei die Mitgliedschaft von Mali und Burkina Faso jeweils nach Militärputschen ausgesetzt wurde.

Der Bund wurde bereits Mitte der 1970er-Jahre mit dem Ziel gegründet, den Handel zwischen den Mitgliedern zu fördern und den Lebensstandard in Westafrika zu steigern. Nigeria nimmt in der Gruppe als größte Volkswirtschaft Afrikas und der mit Abstand größten Bevölkerung eine Vormachtstellung ein.

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Warum droht die Gruppe den Machthabern im Niger mit Gewalt?

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Insbesondere Nigerias neuer Präsident Bola Tinubu scheint Beobachtern zufolge eine treibende Kraft hinter dem harten Kurs gegen die neuen Militärmachthaber im Niger zu sein.

Nigeria hat die längste gemeinsame Landgrenze mit Niger. Nigeria wird die Hauptlast der Auswirkungen tragen.

James Barnett, Sahel-Experte des Think Tanks Hudson Institute

Im ohnehin schon instabilen Norden Nigerias könnten sich Dschihadisten aus dem Niger und der übrigen Sahelzone mit ihren nigerianischen Pendants im Dreiländereck Benin-Niger-Nigeria verbinden, warnt er.

Zudem könnte Tinubu mit einer Militäraktion von innenpolitischen Querelen ablenken. Aber auch die anderen Regierungschefs sorgen sich. Nach Militärputschen in Guinea, Mali, Burkina Faso und nun dem Niger "ist [es] ein Putsch zu viel", sagte etwa Senegals Außenministerin am Donnerstag.

Gab es bereits Militärinterventionen der Gruppe?

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Ecowas hat bereits mehrfach militärische Eingreiftruppen aufgestellt. Zuletzt griffen diese 2017 ein, als Gambias Langzeitpräsident Yahya Jammeh nach verlorener Wahl seine Macht nicht an seinen Herausforderer Adama Barrow abgeben wollte.

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In den 90er Jahren intervenierte Ecowas in Bürgerkriegen in Liberia, Sierra Leone und Guinea-Bissau.

Auch als die Elfenbeinküste 2002 durch einen Militärputsch destabilisiert wurde, stellte Ecowas eine Eingreiftruppe zusammen.

Welche Folgen drohen bei einer Intervention?

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Anders als bei der Intervention im winzigen Gambia steht Ecowas im Niger vor einer großen Herausforderung. Der Niger mit rund 26 Millionen Einwohnern ist etwa dreimal so groß wie Deutschland.

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Karte vom Tschad mit dem Tschadsee und angrenzend Niger, Nigeria und Kamerun

Quelle: ZDF


Niger liegt im Herzen der Sahelzone in Westafrika und besteht zu zwei Dritteln aus Wüste. Das Land kämpft mit dschihadistischer Gewalt, die zur Flucht von Hunderttausenden führte. Der Niger ist einer der letzten Verbündeten des Westens in der Sahelregion. Die Nachbarn Mali und Burkina Faso haben sich anderen Partnern zugewandt, darunter Russland.

Der westafrikanische Binnenstaat Niger hat seit seiner Unabhängigkeit von Frankreich im Jahr 1960 bereits vier Putsche und zahllose Versuche der Machtübernahme erlebt. Der letzte Versuch einer Absetzung Bazoums war nach Angaben eines nigrischen Beamten im März, als sich der Präsident in der Türkei befand. Die Behörden äußerten sich dazu nie öffentlich. Bazoum war vor zwei Jahren beim ersten friedlichen Machtwechsel des Landes seit der Unabhängigkeit ins Amt gewählt worden.

Quelle: AFP


Fraglich ist, wie Ecowas eine Militärintervention logistisch überhaupt auf die Beine stellen könnte. Ein großer Einmarsch mit Bodentruppen? Ein Einsatz von Spezialkräften nur in Niamey, um der Putschisten habhaft zu werden? Für wen würde der Großteil der nigrischen Streitkräfte kämpfen - die Putschisten oder die verfassungsmäßige Ordnung?

Auf diese Fragen gibt es bislang keine gesicherten Antworten. Ecowas selbst macht öffentlich keine Angaben dazu, was unter der Gewaltandrohung der Gruppe zu verstehen ist.

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Zudem haben sich die Militärregierungen in Mali und Burkina Faso schnell auf die Seite der neuen Machthaber im Niger gestellt und eine mögliche Intervention als "Kriegserklärung" auch gegenüber ihren Ländern bezeichnet. Auch die Militärjunta in Guinea hat Unterstützung signalisiert. Der Niger könnte schlimmstenfalls zum Schauplatz eines Stellvertreterkriegs zwischen den Militärjuntas und den gewählten Regierungen Westafrikas werden.

Auch die russische Söldnertruppe Wagner könnte noch eine Rolle spielen. Der stellvertretende Chef der nigrischen Militärjunta, Salifou Mody, soll sich dazu im benachbarten Mali bereits mit einem Wagner-Vertreter getroffen haben. Das berichtet zumindest die Nachrichtenagentur AP unter Berufung auf den Extremismus-Experten Wassim Nasr. Der sagte AP, die Junta brauche Wagner, um ihren Machterhalt zu sichern.

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Wieso ist der Niger für die USA und Europa von Bedeutung?

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Hans-Jakob Schindler vom Counter Extremism Project in Berlin sieht die Entwicklung in der Region kritisch: "Eine völlige Destabilisierung Nigers würde einen weiteren Stein aus der Brandmauer der internationalen Gemeinschaft gegen den Terrorismus in der Region reißen." Der Niger ist zudem eines der wichtigsten Transitländer für afrikanische Migranten in Richtung Europa.

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Quelle: dpa, AP

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Author: Tyrone White

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